21. Februar Tag 22

Heute begleite ich Hendrik, Esther und Nic wieder nach Eldoret. Nur dieses Mal fahre ich noch ein Stück weiter. Ich möchte nämlich zu "Rupa's Fun and Fitness Centre", welche direkt neben der Rupa Mall ist, die ich schon öfters besucht habe. Ich fahre also mit dem Picki-Picki vom Kipchoge Stadion fünf Minuten weiter. Mein Ziel: Schwimmen im 25 m Pool. Dort angekommen, frage ich am Empfang, ob dies möglich ist, werde aber mit großen Augen und dem Satz: "Under maintenance!" empfangen "Wartungsarbeiten, na großartig!", denke ich mir. Und dafür bin ich 1,5 Stunden hergefahren. Man muss nämlich erwähnen, dass die Hinfahrt die bislang anstrengendste für uns alle gewesen ist. Dies liegt daran, dass der Fahrer alle 20 Meter anhält um entweder jemanden aussteigen oder einsteigen zu lassen. Oder er sammelt irgendwelche Behälter auf und übergibt sie anderen. 

Glücklicherweise ist im 1. Stock ein Fitnesscenter, wo ich schließlich auch hingehe. Mit dem Hintergedanken, dass so etwas vorkommen kann, habe ich sicherheitshalber meine Athletiksachen eingepackt und kann somit das machen, was ich im Guesthouse auch machen kann. Mit dem Unterschied, dass ich 800 kenianische Schilling zahlen darf. Naja, nichts machen, ist auch keine Option.

Beginnen tue ich mit 50 Minuten Crosstrainer und mache 15×1/1. Also 1 Minute hart, 1 Minute moderat/locker. Dabei genieße ich die Aussicht auf das Hallenbecken, was tatsächlich für kenianische Verhältnisse sehr gut ist. Es hat Startblöcke und sogar eine Tribüne, sodass ich mir vorstellen kann, dass hier auch Wettkämpfe stattfinden können. 

Als ich dann sehe, wie allerdings die "Maintenance" aussieht, überlege ich mir, ob ich es nächste Woche tatsächlich nochmal probieren werde. Die Bademeister, sofern es welche sind, nehmen nämlich vier große Eimer mit Chlorinhalt und schütten es einfach komplett in das Becken, sodass weiße Flecken auf dem Wasser entstehen. Für meinen Geschmack etwas zu viel Hygiene. Mit einem einfachen Stock versuchen sie das Chlor in die Mitte zu treiben, was mehr oder weniger gelingt.

Nach dem Spektakel mache ich kurz Athletik, Spinning und nehme auch das Rudergerät in Anspruch, damit wenigstens ein wenig Abwechslung aufkommt.

Anschließend treffe ich mich mit Esther und Hendrik in der Mall und wir machen wieder das Standardprogramm. Essen und Essen kaufen. Esther bucht noch ihren Flug direkt vor Ort um, was viel leichter ist als online, da hier die Webseite der ansässigen Airline immer abstürzt und das Buchen einem Glücksspiel gleicht. 

Nachdem dies auch erledigt ist, fahren wir zur Matatu Station, wo wir wieder wie Popstars empfangen werden und machen uns kurz danach auf den Weg zum Guesthouse. 

Dort absolviere ich am Abend noch 100 min Spinning, bevor ich völlig dehydriert zum Abendessen gehe und den Abend entspannt ausklingen lasse.

22. Februar Tag 23

Der Tag beginnt aus verschiedensten Gründen nicht ganz so toll. Einer davon ist das Frühstück, das mit Würstchen und Bohnen britisch gestaltet ist. Greife ich eben auf mein Müsli zurück. Dann geht's aber schon weiter zum Sport und ich versuche an das Positive zu denken.

Die erste Einheit ist eine Spinningeinheit bei der ich dazwischen Intervalle einstreue. Insgesamt sind es 1h 50min.
Anschließend lasse ich von Ben meinen Oberschenkel behandeln. Er merkt sofort die zwei Punkte, welche Probleme bereiten. Bin mir zwar währenddessen nicht ganz so sicher, ob das so gut ist für mich, da er ganz schön drückt, aber ich will ja schnellstmöglich wieder laufen können.
Danach gehe ich mit Caleb und Nic zum Iten Café, um Caleb es zum einen zu zeigen und zum anderen dort auch Mittag zu essen. Dort warten wir wieder eine kenianische Stunde bevor unser Essen auf den Tisch kommt. Eigentlich sollte es Fried Chicken mit Chapata sein. Am Ende ist es Chapata mit drei Hühnerknochen und etwas Fleisch daran. So bleibt mehr Platz für's Abendessen.

Nach dem Iten Café kommt es zum Highlight des heutigen Tages. Wir fahren nämlich zu einer Grundschule. Der Chepkogin Primary School um genau zu sein. Caleb hat beim Sirikwa Crosslauf einen Lehrer der Schule getroffen und ihm versprochen seine Schule zu besuchen. Caleb hat jedoch nur den Namen der Schule gewusst und deswegen hier bei den Bediensteten im Guesthouse gefragt, ob jemand die Schule kenne. Es stellt sich lustigerweise heraus, dass eine Köchin die Tochter der Direktorin ist. So klein ist die Welt. Man muss dazu sagen, dass die Schule 10km entfernt im Valley liegt und es knapp 500m tiefer auf 1900m Höhe liegt. Nic und ich wollten sowieso einmal eine Schule besuchen, um das Schulsystem kennenzulernen und zu sehen, weswegen wir mitgehen. Der Hinweg wird für Nic "etwas" unangenehm, denn wir sitzen zu viert auf dem Picki-Picki und fahren das letzte Stück über arg schottiges Gelände. Da Nic am Ende sitzend kein Polster hat und nur auf Stangen sitzt, kann man sich vorstellen, wie es ihm nach der Fahrt geht. Ich gebe zu, dass ich sogar Tränen gelacht habe, da die Fahrt wirklich abenteuerlich gewesen ist.
Angekommen hören wir schon die Kinder laut "Mzungus" rufen und wir drängen uns durch das Kindermeer zur Direktorin und ihr Büro. Dort fragt Caleb einige Dinge über die Schule und wir schreiben eifrig auf einem Zettel mit, den uns der "Deputy", also der Stellvertreter, in die Hand gedrückt hat. Caleb möchte nämlich eine "GoFundMe" Seite einrichten, dessen Link ich bei Bedarf gerne teilen kann. Einfach mir auf Instagram @tobiulbrich schreiben.

Die Schule ist im Jahr 1986 gegründet worden und hat im Moment 362 SchülerInnen. Die Klassenstufen gehen dabei von 1-8 und beherbergt Schüler im Alter von 3,5 - 15 Jahren. Pro SchülerIn bekommt die Schule 320 kenianische Schilling von der Regierung und das im Trimester, also alle vier Monate. Das sind umgerechnet 2,06€. Das Problem ist allerdings, dass nur 142 SchülerInnen registriert sind. Alle anderen haben keinerlei Dokumente und sind nicht registriert. Als ich nach dem Grund frage, bekomme ich als Antwort, dass dies an den Transportkosten nach Iten liegt. Vermutlich müssen sie auch für die Dokumente zahlen. Ansonsten ergibt das für mich keinen Sinn. Aber Fakt ist, dass so weniger Geld für einzelne SchülerInnen übrig bleibt.
Um zumindest etwas Geld zu haben, muss jedes Kind alle 4 Monate 6500 kenianische Schilling zahlen. Die Direktorin führt uns über das beschauliche Schulgelände. Es gibt das Lehrerzimmer, mehrere Klassenzimmer, zwei Toiletten oder besser Löcher etwas außerhalb und einen großen Sportplatz.
Eine Bibliothek gibt es auch, allerdings mit wenigen Büchern, da das Curriculum geändert worden ist. Außerdem sind überall riesige Wespenester, deren Existenz ich jetzt nicht unbedingt wissen musste. Die neuen Bücher für die Bibliothek lassen noch auf sich warten. Ein großer Sportplatz macht das Schulgelände aus.
Die Lehrkräfte werden dabei zum einen nach Erfahrung und zum anderen danach bezahlt, welche Klasse sie unterrichten. Je älter, desto besser bezahlt. Das System wäre in Deutschland für mich als Grundschullehrer jetzt eher so semi...
Die Direktorin bekommt 9000 kenianische Schilling im Monat, muss aber die Hälfte an Steuern zahlen.
"What's missing?", also "Was fehlt?", fragt Caleb und die Direktorin führt eine lange Liste an. Es fehlt an Druckern, Papier, Stiften, Computern, WLAN, aber auch am Essen. Die Tische sind teilweise zerbrochen oder nicht mehr zum darauf schreiben geeignet. Aber woher das Geld nehmen? Diese Frage stellen sich viele Schulen in Kenia, vor allem in ländlichen Gebieten.
Nic und ich schauen uns auch die Bücher an und sehen, dass diese für Sport und auch für die Landwirtschaft extra Schulbücher haben, was wir beide ganz cool finden, da hier interessante Dinge stehen. Vor allem mit viel Praxisanteil. Die Sportart Kabaddi ist mir neu und muss ich mal die Tage nachlesen.

Nach den ersten Eindrücken gehen wir in ein Klassenzimmer. Man muss dazu sagen, dass die Altersstufen 1-4 bereits nach Hause gefahren sind und die älteren Kinder keinen Unterricht mehr haben, sondern mehr eine Art Nachmittagsbetreuung haben. Dennoch hören die Kinder auf die Lehrer und Nic, Caleb und ich schreiben unsere Namen, unser Alter und unsere Herkunft an die Tafel.
Mein "th" bei "twentythree", was jetzt nicht ganz so schlecht ist nach meiner Meinung, wird wiederholt nicht ganz verstanden, obwohl ich mir so viel Mühe gebe. Da diese das "th" wie den Anfang von beispielsweise Tresor aufsagen, klingt das etwas anders. Würde aber vielen Menschen in Deutschland die Aussprache erleichtern, wenn das die Regel ist. Naja, sei's drum.
Als Caleb fragt, ob jemand eine "Message" für uns hat, kommt ein kleines circa 10 jähriges Mädchen nach vorne und schreibt an die Tafel:
"Myself is important to me", übersetzt, "Ich selbst bin mir wichtig. Als Caleb nach dem Grund fragt, antwortet sie im Prinzip, dass sie nur dieses Leben hat. Diese Weitsicht von einem kleinen Mädchen macht Nic und mich ein bisschen sprachlos. Würde man in Deutschland so etwas vermutlich nie finden. Auch die Freude am Unterricht findet man auf jeden Fall aus eigener Erfahrung nicht so stark wie hier.

Während wir auch an der Wand stehen und von über 100 SchülerInnen belagert werden, kracht auf einmal ein Tisch um. Darauf sind 6 Kinder gestanden, die noch ungefähr 10 andere Kinder mitnehmen. Wir sind erstmal ein bisschen geschockt, allerdings ist nichts passiert. Es gibt auch kein Geschrei. Später geht auch ein Kind zu Boden und alle trampeln über es drüber, aber dennoch steht es wieder auf und tut so, als wäre nichts gewesen. Kenianische Kinder sind hart im Nehmen.

Am Ende gehen wir noch hinaus. Caleb und Nic spielen Fußball, während ich mich mit dem Lehrkräften und Kindern unterhalte, die im Kreis um mich herumstehen. Dabei erkläre ich ihnen Dinge über Deutschland, wie das Wetter, die Schulformen, den Unterricht usw. und zeige Bilder vom letzten Schnee in meiner Heimat, welchen die Kinder teilweise noch nie gesehen haben.

Am Ende gibt es noch ein Wettrennen zwischen den Kindern, Caleb und Nic, was Nic am Ende gewinnt.

Für mich halte ich persönlich fest, dass man trotz weniger Dinge, den Kindern viel beibringen kann und diesen viel Freude bereiten kann. Und dass ich es umso mehr schätze, welche Möglichkeiten es in Deutschland gibt, Unterricht zu führen.

Wir verabschieden uns schließlich und gehen eine Abkürzung zur Straße, wo der Fahrer auf uns wartet. Der Schulweg ist allerdings von der Sorte, die man immer anderen als abenteuerlich vorgsukelt. Nur mit dem Unterschied, dass dieser wirklich dszu gehört. Der Schulweg geht auf einem Trampelpfad ungefähr 100m bergauf über Stock und Stein. Auch im Regen nutzen die Kinder den Weg. Ich sage nur zu Nic, wenn das mein Weg daheim gewesen wäre, hätte ich damals bestimmt die Schule gewechselt.

Den Rückweg habe ich das Privileg hinten zu sitzen und wir tuckern mit einer "wahnsinnigen" Geschwindigkeit die 400 Höhenmeter hinauf zum Guesthouse.

Dort angekommen mache ich noch eine Crosstrainereinheit und etwas Athletik und gehe zum Abendessen.

23. Februar Tag 24

Heute ist wieder ein etwas entspannterer Tag geplant. Zumindest in Sachen Unternehmungen. Zum Frühstück gibt es wieder Pfannkuchen, nachdem es Beschwerden über das britische Frühstück gegeben hat. Anschließend mache ich mich wieder auf in meine Lieblingshalle und absolviere 1h 30min Athletik und anschließend 1h Spinning. Danach geht es auch gleich weiter zum Mittagessen, wo es wieder Reis gibt. Dieses Mal mit Erbsen.

Am Nachmittag mache ich noch 1h Athletik, kläre einige Dinge, bevor es zu Abend wieder Reis mit Linsen gibt. Aber auch Kartoffelpuffer.

Da ich heute nicht sehr viel zu erzählen habe, erzähle ich mal ganz kurz über das Training der Kenianer. Zumindest das, was ich so erfahren habe.
Prinzipiell gilt: Früh hart, nachmittags entspannt oder auf Swahili: "Haraka haraka" und dann "Pole pole"
Und früh heißt früh. So trifft man sich auch mal vor Sonnenaufgang um 5:45 Uhr zum Laufen, um den hohen Temperaturen zu entfliehen.

Dienstag und Donnerstag sind die typischen Tage für Bahneinheiten. Hier finden sich dann auch mal bis zu 200 Leute auf der örtlichen Bahn und es gilt den immer großen schnellen Gruppen möglichst nicht in die Quere zu kommen. Ansonsten läuft die Gruppe wie eine Büffelherde über dich hinüber.
Samstag ist der beliebtere Longrun Tag als Sonntag, da Sonntag viele in die Kirche gehen.
Und nachmittags kann jeder ambitionierte Hobbyläufer mit Leuten traineren, die auch Zeiten unter einer Stunde auf dem Halbmarathon haben. Hier wird dann auch mal ein Temposchnitt von 5-6min auf dem Kilometer gelaufen.
An den anderen Tagen muss ich nochmal nachfragen, was da so getan wird. Aber vermutlich zwei Läufe.

Insgesamt also eine etwas andere Methode als die Laufgemeinschaft in Europa.

24. Februar Tag 25

Heute ist es das erste Mal hier in Iten, dass das Wetter sehr bescheiden ist. So ist es sehr windig und bewölkt und es gibt immer wieder starke Regenfälle. In der Früh schaffe ich es auch, dass ich mich auf dem Weg zum Gym erstmal flach lege, da ich mit den Badelatschen auf dem nassen Rasen ausrutsche.

Dort angekommen habe ich eine längere Spinningeinheit geplant, aber dieses Mal mit etwas längeren Intervallen. Meine Verletzung wird von Tag zu Tag besser, jedoch schmerzt beim Auftreten des Fußes jeder Schritt am unteren Oberschenkel, sodass es keinen Sinn macht darauf zu trainieren. Nervt, macht mich auch langsam wütend/traurig, aber ich kann es nicht ändern.

Die Einheit dauert insgesamt 2h und ist Einfahren, Intervalle mit Pausen dazwischen und Abwärmen. Ich mache 5×5min mit 2min Pause, dann 5×2min mit 1min Pause und 5×1min mit 30 Sekunden Pause, damit ich wenigstens etwas auf einen hohen Puls mal wieder komme und mal wieder literweise Schweiß verliere.
Am Nachmittag mache ich noch 1h Athletik und beobachte dabei riesige Krähen, wie sie auf der Wellblechhütte herumtollen und dabei einen ganz schönen Lärm verursachen.
Nach dem Athletik gehe ich zu Ben, dem Physio, um schnellstmöglich wieder fit zu werden. Danach lese ich entspannt und versuche, möglichst positiv nach vorn zu schauen.


25. Februar Tag 26

Heute, muss ich zugeben, fällt es mir schwer etwas zu schreiben. Mein Laufversuch in der Früh über 3km war etwas ernüchternd. Es wird immer besser, allerdings fühle ich mich immer noch nicht so sicher und habe bei jedem Schritt einen Auftrittsschmerz, der entspanntes Laufen bei schnellerem Tempo als 5min pro Kilometer so nicht möglich macht. Dennoch bin ich zuversichtlich, dass es bald weggeht. Allerdings gebe ich auch zu, dass der Tag für mich mental sehr hart ist, aber das gehört zum Leistungssport dazu und ich hoffe, dass ich bald wieder die andere Seite der Medaille sehe.

Nach den 3km mache ich mich also wieder auf dem Weg zu meinem zweiten Zimmer hier, dem Gym. Woher ich dann die Motivation für 2h Spinning/Cross im Wechsel ist mir zwar schleierhaft, aber zumindest für die Seele ist es gut.
Am Nachmittag entspanne ich mich, liege den ganzen Tag faul umher und lese mein Buch.

Abends gibt es Ziege, wobei man eher Ziegenknochen sagen muss, da trotz Gefiesel nicht viel dran ist.
Abends diskutiere ich noch mit meinen Eltern meine Pläne für die kommende Woche, bevor es dann ins Bett geht.

Morgen geht's hoffentlich mit wieder mehr Motivation weiter!

26. Februar Tag 27

Nach meinem gestrigen Tiefpunkt sieht das heute zum Glück wieder anders aus. Meine Werte, die mein Fitnesstracker mir anzeigt, sind überraschend gut, was mir zeigt, dass das Alternativtraining zumindest nicht ganz umsonst ist und sogar etwas bewirkt. Mit dieser Erkenntnis schwinge ich mich nach dem Frühstück voller Elan wieder auf's Spinningrad. Zum Frühstück hat es übrigens wieder Pfannkuchen gegeben. Hab mittlerweile aufgegeben zu zählen, der wievielte Tag das jetzt hintereinander gewesen ist.
Mein Plan ist heute wie die Kenianer zu trainieren. Zumindest von der Intensität, weil Rad fahren sie selten. Also in der Früh "Haraka haraka" und am Nachmittag "Pole pole".
In der Früh werden es insgesamt 1h 40min Spinning. Ich mache 5×10min Intervalle mit 2min Pause und schaffe es nicht nur meinen Puls über 170 zu bringen, sondern unter mir auch einen kleinen See zu erschaffen.
Völlig verschwitzt verlasse ich nach der Session den "Lake Tobi" und dusche ganz schnell, damit ich rechtzeitig zum Physiotermin komme. Ben lässt sich wieder etwas einfallen und nimmt dieses Mal sogar einen Hocker, auf den er sich stellt, um noch mehr Kraft als eh schon auf meinen Oberschenkel zu bringen. 
Gibt auf jeden Fall angenehmere Dinge.
Anschließend dusche ich mich schnell wieder ab um das ganze Massagöl am Körper abzubekommen. Nachdem ich dann wieder meine Curlingkompetenzen (meine das Dusche putzen) angewendet habe, geht es direkt zum Mittagessen. Es gibt leckere Kartoffelchips, Reis, Kraut und Linsen. Letztere nehme ich aber aus verdauungstechnischen Gründen nicht ganz so in Massen.

Nach einem kurzen Mittagsschlaf geht es zur nächsten Session, aber wie gesagt, "Pole pole". Für mich bedeutet das 1h Athletik, 30min Crosstrainer und 20min Spinning. Insgesamt also 3h 30min für den heutigen Tag.

Am Abend organisiere ich noch kurz ein Gravelbike von den Niederländern im Guesthouse, da es im Verleihshop nur zwei gibt und diese beiden eben alle die Niederländer hier haben. Die anderen drei Gravelbikes sind in Reparatur und dies seit gut drei Wochen. Der Verleihshop sucht jetzt sogar deswegen einen neuen Mechaniker. Der alte Mechaniker stößt anscheinend an seine Grenzen. Also wer Interesse hat, Räder zu reparieren. Kann man auch hier in Iten machen.

Mit dem Gravelbike plane ich morgen eine etwas größere Tour von der ich morgen im Blog vermutlich viel zu berichten habe.

27. Februar Tag 28

Wie gestern im Blog angekündigt steht heute eine Radtour an. Da ich allein fahre ist mein Vater von der Idee nicht ganz so begeistert gewesen, aber ich hab mir das in den Kopf gesetzt und will das unbedingt hier mal machen. Vor allem, da das Laufen gerade eh nicht so perfekt "läuft". Am Tag zuvor plane ich die Route und lege alles bereit was ich für den Tag brauche beziehungsweise denke zu brauchen. Die Route ist knappe 134 km lang und ich plane mit circa 7 Stunden Fahrt plus 1 Stunde Pause. Die Route hab ich einfach mal auf Google Maps geplant und ist keine Empfehlung gewesen, was ich später auch verstehe, weshalb das so ist. Mein Gedanke war einfach mal eine längere Ausfahrt für die Grundlage zu machen und auch etwas von Kenia zu sehen, was in letzter Zeit zu kurz gekommen ist. Außerdem hab ich mir die Wege auf Google Maps angesehen und habe mir gedacht, dass das eigentlich ganz cool aussieht.
Da ich mir das Gravelbike von einem Niederländer ausgeliehen habe, der selbst um 16 Uhr heute fahren will, muss ich rechtzeitig losfahren. Ich stehe deswegen um 6:30 Uhr auf, packe alles, was ich den Abend zuvor auf den Tisch gelegt habe ein. Das sind 4 Gels, 1 Flasche (750ml), Geld, Handy, Sonnencreme und tatsächlich auch Wundsalbe, falls ich in der Einöde stürzen sollte. Hab lieber immer so etwas dabei, mit dem Gedanken, dass ich es dann nicht brauche. Dann esse ich noch schnell ein Müsli und oben in der Küche noch schnell mal wieder die standardgemäßen Pfannkuchen, bevor ich schließlich um 7:30 Uhr loskomme. Da ich keine Klick-Schuhe habe, müssen dir Laufschuhe auf der Klickpedale herhalten.
"Dann mal los", denke ich mir und bin gespannt, was auf mich zukommt.
Zunächst ist Strecke sehr angenehm zu fahren, da es fast 40km ausschließlich bergab ins Kerio Valley geht. Einzig die hier in Massen vorhandenen Speedbumps unterbrechen den Fahrfluss und bereiten meinen Hintern auf das vor, was noch kommt. Man muss dazu sagen, dass nicht die großen Speedbumps das Problem sind, sondern das, was davor ist. Das sind nämlich immer erst 2 kleine Rillen, dann 4 Rillen und dann nach dem Speedbump wieder 4 Rillen und 2 Rillen. Das Tolle daran ist, dass man diese oft übersieht und wenn man dann wie in meinem Fall mit fast 50km/h den Berg herunterfährt und diese Rillen überfährt, dann schüttelt es nicht nur das Fahrrad einmal wild durch.
Dennoch ist der Weg teilweise sehr cool zu fahren, so geht es wie auf einem Alpenpass in Schlangenlinien den Berg hinab, sodass man sich richtig in die Kurven reinlegen kann. Auf dem Weg begegne ich auch wieder vielen Kindern, die einen "Muzungu" auf einem modernen Rad natürlich klasse finden. Einzig ein Junge dachte sich, er kann einen Stein nach mir werfen, was ich nicht ganz nachvollziehen kann. Aber er verfehlt mich. Zum Glück bin ich zu schnell für ihn;-)
Auf der Straße sehe ich noch zahlreiche interessante Gebilde an der Seite, was meines Wissens nach Termitenhügel sind. Hab ich jetzt aber nicht näher betrachtet aus Sicherheitsgründen. Während der Fahrt sehe ich zu meiner rechten Seite die Hochebene auf die ich wieder hoch fahren muss und verspüre dabei eine Mischung aus Vorfreude und mulmigen Gefühl.

Im Tal einen Kilometer vor dem Kerio River bleibe ich kurz stehen und kontrolliere, ob ich jetzt hier abbiegen muss. Ich bin mittlerweile von 2400 m Höhe auf 1150 m Höhe hinab gefahren. Die Abbiegung ist genau die Richtige, weshalb ich zur Verblüffung der anwesenden Kenianer vom Teer in die Dirt Road abbiege. Es beginnt ein 19 km langer Abschnitt, der aber für ein Gravelbike genau geeignet ist. Es geht meist über sandiges Gebiet, aber auch schon über steinige Abschnitte, die das Fahrrad nicht ganz laufen lassen. Dreimal muss ich mein Fahrrad über Bäche transportieren und dabei darauf achten, nicht selbst baden zu gehen und einmal werde ich nur von einer Kuhherde angehalten, die den Weg für sich beansprucht.
Während der leicht holprigen Fahrt begegne ich Männer und Frauen mit Macheten, Schafe und auch riesige Kieslader, die mit einer solchen Geschwindigkeit an mir vorbeidonnern, dass ich nur noch Staub fresse.
Nach 19 km bin ich in Kimwarer und der 24 km lange Anstieg von 1300 m auf 2750 m beginnt. Meine Erwartung ist, als ich diesen Abschnitt auf der Karte gesehen habe, dass man hier wie bei der Tour de France den Alpe d'Huez serpentinenartig auf einem angenehmen Schotterweg hinauffahren kann. Nach einem Kilometer merke ich, dass das naives Wunschdenken gewesen ist und es wird eher Alpe d'Huez mit Paris-Roubaix. Nur mit dem Unterschied, dass ich keine Kopfsteinpflaster vor mir sehe, sondern einfach nur Geröll. Schotter ist hierfür untertrieben.
Ich sollte vielleicht an diesem Punkt ergänzen, dass ich noch nie in meinem Leben über 100 km gefahren bin und vorneweg, auf den kommenden 24 km geht es bis auf 50 m nur bergauf. Im Schnitt 6%. Wenn schon so eine Fahrt, dann richtig, denke ich mir.
Ich strample mich den Berg hinauf, suche mir Stellen, die ein einigermaßen rundes Fahren erlauben, was oft, zu oft, nicht möglich ist. Immer dann, wenn ich denke, es kann nicht schlimmer werden, setzt Kenia eine Schippe drauf.
Ich muss mich so konzentrieren, dass irgendwann neben den Schmerzen im Gesäß und Rücken auch meine Hände verkrampfen und an Schalten fast nicht mehr zu denken ist. Brauch ich aber auch nicht, da ich mit dem drittletzten Gang gut zurecht komme. Die Bremse brauch ich eh nicht mehr, da ich mit 10-12km/h den Berg wie eine Raupe hinaufrobbe. Oft fahre ich an der Seite und versuche nicht daran zu denken, das Gleichgewicht zu verlieren, da der Abhang neben mir ist. Auf dem Weg begegne ich paar Soldaten mit Maschinengewehren, die freundlich grüßen und paar Picki-Picki Fahrer mit Passagieren, die mich auch mal anfeuern. Einen Fahrer überhole ich sogar, da er so beladen ist und mehr ein Laufrad als ein Motorrad hat. Die Schafe und Kühe auf dem Weg schauen mich mit großen Augen an, da ich auch der einzige Mensch seit Ewigkeiten vermutlich bin, der diesen "Weg" mit dem Fahrrad bewältigen will. Nach 10km wird mir dann auch bewusst, dass Umdrehen keine Option ist, da der Weg zurück nicht angenehmer sein wird. Als ich noch 5km habe zähle ich nur noch die Kehren. Bis dahin habe ich 2 Gels und mein Getränk zu mir genommen. Ich denke nur noch an Nyaru und wann ich dort ungefähr ankomme. Wie einen mystischen Ort stelle ich mir ihn in meinem geistigen Auge vor. Irgendwann sehe ich schließlich Nyaru und halte bei einem kleinen Shop an, bei dem ich mir eine Sprite und ein Wasser kaufe. Erstere Flasche leere ich sofort und letztere fülle ich in meine leere Flasche. Währenddessen kommt ein alter Mann und begutachtet mein Fahrrad und testet meine Reifen auf deren Fülle. Dabei gestikuliert er wild, redet Swahili, zeigt auf mein Kettenblatt und deutet an, dass ich einen Unfall baue, wenn ich weiterfahre. Da ich zum einen kein Wort verstehe und zum anderen gerade mit dem Rad 24km über Stock und Stein gefahren bin und dabei heil angekommen bin, vertraue ich ihm jetzt mal getrost kein Wort beziehungsweise keiner Geste.
An einem weiteren Stand kaufe ich mir zwei Bananen und nach insgesamt 10 Minuten Pause geht die Fahrt weiter. Es stehen noch 52km bis Iten an, die aber jetzt über angenehmen Teer gehen. Langsam werde ich müde, bin ich schon über vier Stunden unterwegs. Aber da es jetzt tendenziell nach unten geht und nur noch einzelne Hügel zu bewältigen sind, geht es einigermaßen schnell Richtung Iten.
Insgesamt begegne ich nur einen einzigen Radfahrer und dies erst am Ende der Strecke in Iten. Als ich am Jogoo (dem Banner) ankomme, weiß ich, dass ich es geschafft habe. Im Guesthouse komme ich nach 6h 40min wieder an. Die Fahrtzeit ist am Ende 6h 7min, also habe ich eine gute halbe Stunde Pause gemacht. Für das habe ich mich hinten raus auch noch einigermaßen stark gefühlt, was mir wiederum Zuversicht gibt, dass ich ganz fit bin. Der Schnitt ist 21,9km/h, womit ich ganz zufrieden bin, bin ich doch 1 Stunde schneller als geplant.

Das erste was ich mache ist mich zum Mittagessen zu begeben und dort treffe ich erstmal auf Nic, der mich fragt, wie es mir im Regen ergangen ist. Erst jetzt erfahre ich, dass es so stark geregnet hat, dass hier zwischenzeitlich Land unter gewesen ist. Wie es aussieht, habe ich den Steigungsregen genau verpasst, als ich ins Valley gefahren bin. Glück gehabt, denn sonst wäre das eine kalte frostige Angelegenheit geworden.
Den Rest des Tages entspanne ich, versuche meine Reserven zu füllen, mache einen Mittagsschlaf und lasse den Tag entspannt ausklingen.